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> Ein Erfahrungsbereicht
michiz
Beitrag 9 Mar 2010, 20:48
Beitrag #1


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„Langweilst du dich? ... Nein, Nein, aber ich denke daran, ich kann an nichts anderes
Denken! ... Ich werde mit dir zum Tanzen fahren! ... Zum Tanzen, sicher? ... Ja, da musst
du hin, unbedingt! Das Herz eines Menschen ist wie ein Vogel der im Käfig eingesperrt ist,
wenn du tanzt, dann singt dein Herz und es steigt hinauf zum Himmel ...“
Wighnomy Brothers life@SMS
Ich sitze zuhause, bin die ganze Woche meinen Pflichten gegenüber der Gesellschaft,
nachgegangen und ich tue dass Samstag abends immer noch. Ich bin vertieft in meine
Tätigkeit und denke verkrampft nach, wie ich den Zielsetzungen meines Entwurfs und
somit den Anforderungen, welche die Gesellschaft an mich stellt, am besten nachkommen
kann, ohne die Menschen, die zukünftigen Benutzer, meine Vorgesetzten, meine Kollegen,
die Stadträte zu enttäuschen. Ich will etwas gutes schaffen, ich will der Gesellschaft
genügen.
Durch diese Vertiefung in meiner Arbeit vergesse ich manchmal, warum ich diesen Weg
gewählt habe, im Grunde um mir selbst ein Stück weit näher zu kommen. Doch verliert
man sich selbst nicht manchmal in den Versuchen, den anderen Menschen, die auf einen
Einfluss ausüben und auf die man Einfluss ausübt gerecht zu werden. Entfernt man sich
nicht manchmal auch von seiner Haltung die man doch, bis sie einem widerlegt wird
verfolgen und verteidigen will? Und dann, was dann? Was wenn man sich selbst, in einer
kurzen Fase des Nachdenkens ein Stück weit auf die Schliche kommt und zu reflektieren
beginnt? Man braucht nicht nur diesen kurzen Moment, man braucht Zeit und manchmal,
wenn sich alles im Kreis zu drehen scheint, braucht man Distanz. Distanz zu all dem
worüber man nachdenkt und nachgedacht hat, zu all dem was einen beschäftigt. Einen
Moment der Entschleunigung, des sich Loslösens und Auskoppelns.
Für mich war Musik immer schon ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens, ein Medium
das im besten Fall meinen Gedanken und meiner Fantasie zu freiem Lauf verhilft. Eine
Möglichkeit sich aus den Fängen des Alltags zu lösen und unbefangen, neue Emotionen
zu erfahren. Als ich alt genug war um in diese Welt auch nächtens und außerhalb der
Mauern meines Elternhauses einzutauchen, eröffnete sich mir der Zugang zu einer
anderen und sehr faszinierenden Welt. Die Möglichkeit, dieses Erlebnis auf eine neue und
viel intensivere Art zu erleben und auf eine zwar distanzierte, aber trotzdem
gemeinschaftliche Weise mit anderen Menschen zu teilen, war mir neu und begeisterte
mich von der ersten Sekunde an. Ich hatte das Gefühl an etwas großem teilhaben zu
dürfen und dabei trotzdem den Fokus ganz auf mein Ich legen zu können.
Nun sitze ich also Samstag abends vor ungetaner Arbeit und komme nicht vom Fleck. Ich
weiß das es einer Auszeit bedarf, um neue Kraft und Inspiration zu sammeln, die es mir
ermöglicht über meine bereits verrichtete Arbeit reflektieren zu können, ohne meine
eigenen Fehler nicht zu sehen. Es ist nötig sich zu lösen, zu vergessen, um sich wieder
erinnern zu können. Also beschließe ich die Arbeit ruhen zu lassen und ein Glas Wein zu
trinken. Ich suche nach potentiellen DJ´s die mir heute Abend ein Rahmenprogramm
bieten könnten, das meine Auflösung in etwas größerem zulässt. Da ich das Glück habe,
in einer Stadt zu leben, die den Strukturen, die ich gewöhnlicher Weise aufsuche, wenn
ich Abstand brauche, Platz zur Existenz lässt werde ich auch fündig.
Es ist dieses Gefühl sich von allem zu distanzieren, nicht an gute oder schlechte Dinge zu
denken, dass mich zu solcher Zeit noch dazu bewegt alleine loszugehen. Ein Drang, kein
(gesellschaftlicher) Zwang, aber etwas das tief aus mir selbst kommt und mir keine andere
Wahl lässt. Sich selbst aufzugeben, um sich selbst zu finden. seine Wut zu vergessen, um
sich selbst im nächsten Moment damit konfrontiert zu sehen. Seine Ängste zu vergessen,
um sie im nächsten Moment überwinden zu müssen. Eine gnadenlose Konfrontation mit
meiner eigenen Persönlichkeit. Ein überwinden meiner selbst um zu meinem wahren Ich
zu finden.
Ich ziehe gegen zwölf Uhr los und mache mich auf die Suche nach einem Club dessen
Adresse ich zwar kenne, aber in dem ich noch nie war. Mit der letzten Bahn begebe ich
mich möglichst nahe zu dem angestrebten Ziel, um von dort aus meine Weg zu suchen.
Ich brauche eine Weile bis ich es aus etwas Distanz das erste Mal leicht wummern höre
und weiß ab diesem Zeitpunkt genau das ich richtig bin. Wie das immer lauter werdende
rauschen eines Wasserfalls leitet mich das vertraute Geräusch sicher zu meinem Ziel.
Kurz davor eine kleine Menschenansammlung, eine mehr oder weniger geordnete
Schlange, alle hingerichtet zu einer unscheinbaren Tür, so klein, dass sie im Volumen der
Fassade des alten Fabrikgebäudes unterzugehen scheint, wie der fast nicht erkennbare
Zugang zu einer Höhle, inmitten eines gigantisch erscheinenden Bergmassivs. Am
Eingang der Wächter, ein Türsteher der die Leute selektiert, die dem was sich im Inneren
befindet als würdig erscheinen. Eine klare Grenze, die nicht jedem den Zugang erlaubt.
Nun ist es soweit, ich bin der Nächste der kritisch beäugt wird und über den die Willkür
des Menschen, der die Auswahl betreibt entscheiden wird. Ein kurzes Nicken, dem das
Freimachen der Tür folgt und ich darf meinen Weg in das Innere fortsetzen. Es folgt ein
schmaler, niedriger Gang, der sich in einen höheren und weiteren Raum öffnet. Alles
Backstein, schmucklos, roh und trotzdem von einer faszinierenden Aura umgeben. Die
Richtung ist noch klar definiert, vorbei an der Garderobe, Jacke und Pullover abgeben, die
Temperatur ist jetzt schon deutlich höher als noch vor kurzem, als ich mich stehend in der
Schlange vor der Tür befand.
Doch nachdem ich mich dem Ritual des Eintretens unterzogen habe stehe ich nun einem
Raumgewirr, dass mir völlige Freiheit in meinem Tun gewährt gegenüber. Trotz dessen
weiß ich genau, dass ich ein Ziel brauche um zu finden was ich suche. Ich folge dem
Strom, dem Fluss, all dessen was mich umgibt. Doch stets bleibt die Ungewissheit da
anzukommen, wo ich auch hinwill. Ich verlasse mich auf die anderen Menschen, aber
gleichzeitig bin ich jede Sekunde wachsam ob der eingeschlagene Weg mich auch zu
meinem vorerst angepeiltem Ziel führt. Dass lauter werdende pochen des Basses
ermöglicht es mir jedoch den das räumliche Gefüge, auch ohne gute Orientierung
einzuordnen. Der Weg findet sich.
Wie aus dem Nichts, als ich um die nächste Ecke schreite, eröffnet sich mir ein hoher,
großer Raum in dem ich mich ohne Schwierigkeiten orientieren kann. Eine Halle, ein
Palast. Alle Leute zu einer Seite hin gerichtet, als würden sie auf etwas warten. Ein
Ereignis, etwas anbetungswürdiges. Ganz vorne, an der Stirnseite ein DJ-Pult und jemand
der Musik macht als würde er eine Messe halten. Stets ein Auge auf das Publikum und
trotzdem seiner selbst treu. Eine Autorität, angehimmelt, nahezu vergöttert. Es gibt zwei
Möglichkeiten. Dem Szenario objektiv und kritisch gegenüber zu stehen, oder sich und
seine Gedanken zu vergessen und die Auflösung seiner selbst in einem ausgelassenen
Treiben zu suchen, dessen Ausgang nicht gewiss ist. Ich entscheide mich für die zweite
Option.
Es erscheint plötzlich so, als gäbe es nichts um mich, als wären all die Anderen, all die
Lichter, das ganze inszenierte Ereignis, das mich umgibt nicht mehr existent. Ich beginne
mich fallen zu lassen, ich beginne zu vergessen. Egal was vorher passiert ist und was am
nächsten Tag passieren könnte, es löst sich in einer umgreifenden Relevanz Gefühls, dass
mich in diesem Moment erfüllt. Ich beginne zu tanzen, meinen Körper zu dem Rhythmus
der nur in diesem einen Moment fühlbaren Emotion zu bewegen. Es gibt nur mich, die
Augen geschlossen, des Körpers Bewegungen verselbstständigt, als hätte ich nie etwas
anderes gemacht.
Man muss in solchen Momenten jegliche Erfahrung und Ratio ablegen, um wirklich
intensiv erleben zu können. Man muss in gewisser Weise wieder zum Kind werden um
sich selbst in einer selten wahrgenommenen Intensität zu erleben. Man muss sich darauf
einlassen. Ist diese Hürde genommen steht einem nichts mehr im Weg. Trance,
Abgehobenheit, das Maximum kontemplativer Versenkung. Das Nichts, dem Zustand der
Apathie sehr nahe und trotzdem nicht so leer. Etwas das einen von innen erfüllt und
erleuchtet. Das glücklich und genügsam zugleich macht.
Das vergessen und für sich sein wird jedoch immer wieder durchbrochen von Momenten,
zu denen alle die Augen öffnen, die Hände in die Luft strecken und in Geschrei
ausbrechen. Es ist der Eingriff des Zeremonienmeisters, der mit jedem Fade, mit jedem
Übergang zur nächsten Platte, die sich homogen zu bewegen scheinende Masse lenkt
und ihnen, mit seinem Eingreifen, zu kollektiven Ups verhilft um sie Sekunden später
wieder in sich selbst versinken zu lassen. Die Akteure selbst sind sich dessen nicht
bewusst, nicht in jenem Moment, aber wenn sie sich am nächsten Tag unterhalten, werden
sie merken, dass sie die selben Momente intensiv in Erinnerung behalten haben, die in
diesem kollektiven Moment des Aufschreiens entstanden. Jeder für sich und trotzdem
gemeinsam.
Es dauert manchmal länger, manchmal kürzer, bis sich Erschöpfung einstellt, aber letztlich
ist es immer der Körper der dem Geist Einhalt gebietet und einem sagt, dass es nun Zeit
ist dem Treiben ein Ende zu setzen, um sich nicht endgültig zu verlieren. Und dann ist der
Entschluss gefasst, ich suche mir meinen Weg zurück. Der selbe den ich gekommen bin,
mit dem Ziel nun Körper und Geist ruhen zu lassen. Doch zuerst muss noch der Heimweg
geschafft werden. Ich hole mir meinen Pulli, meine Jacke und werde durch diese kleine,
unscheinbare Tür entlassen. Zurück in der Realität, das Tageslicht sticht für den ersten
Moment in den Augen, bis sich diese assimiliert haben und mir einen wunderschönen Tag
offenbaren. Ich fühle mich fremd, weiß das ich in den letzten Stunden Teil von etwas war,
dessen Geheimnis und Magie sich nur jenen eröffnet, die partizipierten, die die selben
akustischen, körperlichen und räumlichen Erlebnisse hatten wie ich selbst. Die Euphorie
verflacht, Erschöpfung stellt sich ein.
„Die Choreographie der Initiation wird heute zwar eher als Event, denn als
«Todeserfahrung» inszeniert. ... Dennoch besteht auch in unserer Zeit unverändert das
Bedürfnis nach Rückzug und Erkenntnis. Die Inszenierung der Höhle, der «Grabkammer»
dient dem Ausschluss des «zivilisatorischen Hintergrundrauschens», um davon
unbeeinflusst die Sinne auf eine Begegnung mit sich selbst fokussieren zu
können.“ (Degen; 2007; S. 20)
können.“ (Degen; 2007; S. 20)
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dj AcidGreen/Aci...
Beitrag 9 Mar 2010, 21:32
Beitrag #2


da best hardware moderator ever:-)
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kann dem allen nur zustimmen denn genau das versuche ich zu leben (IMG:style_emoticons/default/wink.gif)
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Sebastian Benz
Beitrag 10 Mar 2010, 00:15
Beitrag #3


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