Interview mit Electric Indigo |
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Interview mit Electric Indigo |
16 Nov 2004, 20:40
Beitrag
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Dienstmann Gruppe: tb te@m Beiträge: 9.817 Mitglied seit: 31-December 01 Wohnort: Krems an der Donau Mitglieds-Nr.: 5 |
1. Wie bist du auf den Künstlernamen "Electric Indigo" gekommen?
Ich hatte den Geistesblitz einen Bekannten, der Schriftsteller in Chicago ist zu fragen, wie ich mich nenne soll. Er fragte mich nach meiner Lieblingsfarbe und ich antwortete: "Blau." Später kam er mit dem Namen "Electric Indigo" an. Den fang ich zwar ziemlich strange, aber eigentlich doch ganz gut. 2. Du bist seit Jahren das Aushängeschild für die Österreichische Elektronik Szene und hast dich als Frau in einer scheinbaren Männerdomäne durchgesetzt! Sven Gächter meinte, es wäre eine Beleidigung dich als die wichtigste Frau der austrian electronic scene zu bezeichnen, da du schon längst die konventionellen Geschlechterrollen übertrumpft hast. Hast du das Gefühl, du hast es als Frau schwieriger als viele deiner männlichen Kollegen gehabt? Ich hab es nicht als schwieriger empfunden. Das hängt wahrscheinlich mit meiner Persönlichkeit zusammen. Ich denke ja nicht die ganze Zeit daran, dass ich eine Frau bin. Damit will ich sagen, dass ich Sachen natürlich nicht in dem Bewusstsein mache, als Frau zu handeln, sondern wie ich das persönlich will. Andere Informationsquellen bestätigen allerdings, dass es generell als Frau schwieriger ist, wahrgenommen zu werden. Man ist dann eben gezwungen, sich mit einer besonderen Konsequenz positiv zur Schau zu stellen. Da gibt es dann oft das Phänomen, dass sich Newcomer Frauen androgynisieren, oder das andere Extrem tritt ein und das Geschlecht wird überbetont. Bei mir war ersteres der Fall, möglicherweise weil es eben ein Männerbusiness ist. Fakt ist, ich hatte lange Zeit eine Glatze und hab mich auch sehr unweiblich gekleidet. Man sieht das aber auch oft bei jüngeren Kolleginnen. Im Allgemeinen hat es, denk ich, dann schon gewirkt um von den männlichen Kollegen ernster genommen zu werden. 3. Warum ist Techno immer noch eine Männerdomäne, trotz illustrer weiblicher Djanes? Was sagst du zu dem Klischee, dass sich weibliche Djanes "Hochficken"? Ich kenne dieses Klischee z. B. aus dem Filmbusiness, aber "Hochficken" für DJ´s? Glaub ich nicht. Vielmehr gibt es das Problem (oder Glück, wie man will), dass die Veranstalter eine deswegen buchen, weil sie eine Frau ist. Ich hab das auch teilweise als Chance wahrgenommen, um mein Können zu zeigen. Allerdings ist es beleidigend, wenn man ausschließlich wegen seines Geschlechtes gebucht wird. Ich meine es ist nur mehr eine Frage der Zeit, dass der Frauenanteil in dieser Männerdomäne größer wird. Wahrscheinlich fehlen noch einige weibliche DJ´s, die als Vorbild fungieren, und somit bei weiteren Frauen und Mädchen Interesse geweckt wird. 4. Female Pressure: Was ist die Idee dahinter? Wofür steht Female Pressure? Kannst du ein bisschen über die Entstehungsgeschichte erzählen? Die Hauptidee ist, den offensichtlichen Informationsbedarf zu stillen. Viele meinten einfach nur: "Toll, dass du das machst, aber es gibt ja sonst kaum eine." Was natürlich nicht stimmt. Natürlich gibt es weniger Frauen als Männer in dem Business und meine Entgegnung war immer ein Namedropping - Miss Kittin, früher noch die Marusha, oder auch die Miss Djax etc. Das heißt, Female Pressure ist die technologisch systematisierte Antwort auf die mangelnde Information über den Anteil von kreativen Frauen in der elektronischen Musikszene. Zusätzlich ist es natürlich ein sehr praktisches Werkzeug, weil Veranstalter oder interessiertes Publikum nach Verknüpfbahren Kriterien DJ´s suchen können. Man kann auch durch diverse Homepages herum surfen bzw. ist es leichter, untereinander in Kontakt zu bleiben. Wichtig ist auch, dass alle vertretenen Kolleginnen ihren Datensatz selber aktualisieren können, und die Informationen somit aktuell sind. Parallel dazu gibt es dann auch noch eine Mailingliste, über die der interne Austausch stattfindet. 5. Wie funktioniert Female Pressure? Wie wird man aufgenommen? Was heißt es im Konkreten, wenn man/ Frau Member bei F.P. ist? Mitglied ist gut. Es ist eben immer schwer zu vermitteln was Female Pressure eigentlich ist. Manche glauben sogar wir seien eine Girl Group, andere glauben es ist eine Bookingargentur, aber es ist einfach eine Onlinedatenbank. Die Kriterien sind eigentlich denkbar gering, es reicht eine E-Mail an [email protected]. Dann bekommst du einen Standardfragebogen zurück mit allgemeinen Fragen. Sobald mir der retourniert wird, bist du so quasi aufgenommen. Ich hab mich dazu entschlossen, kein Qualitätskriterium einzuführen und zwar deswegen, weil keiner von Anfang an perfekt ist, sondern sich jeder entwickelt. 5a. Zwischenfrage: Hat es dann auch mal einen Vorfall von Rauswurf gegeben wegen mangelnder Motivation? Nein, so was hat es noch nie gegeben. Allerdings ist mir eine Kollegin im Zuge einer Diskussion aufgrund von unqualifizierten Aussagen und Beschimpfungen einmal sehr auf die Nerven gegangen und ich hab sie dann herausgenommen. Sie hatte offensichtlich auch kein Interesse mehr, bei Female Pressure dabei zu sein. 6. Stichwort: "Früher war alles besser" im Bezug auf die Musik? Inwiefern hat sich der Sound zum besseren oder zum schlechteren verändert? Diese Äußerung ist eigentlich extrem subjektiv. Das erste Mal hab ich sie schon vor 10 Jahren gehört. Ich denke, dass sich der Sound ja auf gewisse Art und Weise immer wiederholt, es wird aus der Vergangenheit zitiert, "alte" Elemente und musikalische Formen werden in einen neuen Kontext gestellt und manchmal gibt es dann auch was wirklich neues. Da liegt es dann auch auf der Hand, weil man den Sound ja schon kennt, dass man gleich einmal sagt: "Ja früher war's aber schon besser". Es hängt eigentlich alles von der persönlichen Wahrnehmung und Entwicklung ab, der Reiz des Neuen hat es an sich, schnell zu verfliegen. Früher waren es eben riesengroße Schritte die gemacht wurden im Bereich der elektronischen Musik, heute verläuft man sich da schon im Detail. Was für den Konsumenten wichtig ist, dass man "Neues" zulässt. 7. Wie hat sich dein eigener Stil im Verlauf der Zeit verändert? Vor etlichen Jahren hast du deinen Sound beschrieben als (Zitat 1995: Meine Musik ist monoton, unmelodisch, acidlastig und rhythmusorientiert) Trifft das noch zu? Wenn nein, wie würdest du deinen Sound heute definieren? Nein, das trifft jetzt nicht mehr zu, da hat sich schon sehr viel verändert. Er ist lang nicht mehr so monoton wie es früher war, acidlastig würde ich auch nicht mehr sagen. Ich glaube er ist viel bunter geworden. 8. Du beschallst die Clubs auf dem gesamten Globus. Legst du überall gleich auf oder spielst du in Spanien z.B. anders als im Flex? Eigentlich spiele ich überall gleich. Natürlich kommt es darauf an, wofür ich gebucht werde. Es kommt da eher auf das Publikum als auf den Ort an. 9. Wo siehst du die interessantesten Entwicklungen in der elektronischen Musik? Gibt es überhaupt was Neues zu entwickeln? Oder ist alles, was kommt, schon mal da gewesen? Zum Beisp. Das "Acid revival" zurzeit. Was ist die Zukunft der elektronischen Musik oder ist alles nur noch mehr ein Selbstzitat? An und für sich ja, allerdings ist das immer Definitionssache, Neuerungen wird's ja immer geben. Heute hab ich z.B. von einer Musikrichtung namens "Grime" erfahren, die aus Süd-Ost London stammen soll. Das ist eine dunkle Abart von Garage und 2Step, aber ohne Melodien, wie darker Drum & Bass im Housetempo. Die Musikrichtung wird dort vor allem von schwarzen Ghettokids gehört. Kannte ich auch noch nicht, darauf hin hab ich mir auch gleich eine Platte bestellt, neugierig bin ich ja schon. Mit Sicherheit kann man da noch sehr viel entdecken. Die Stylegrenzen verschwimmen ja auch immer mehr, ob es nun Pop, Rock oder Electro ist. 10. Welche Artists schätzt du selber extrem und was sind deine Lieblingslabels? 2 meiner Lieblingslabels sind Areal und Sender, die mag ich wirklich besonders gern. Es gehören dann auch Kompakt und Underground Resistance, also die ganze Submerge-Geschichte dazu, auch wenn da eher selten was raus kommt, was mich vom Hocker haut. Da geht es mehr um die Inspiration. Ich denke da konkret an Juan Atkins der gerade 2 spitzen Platten herausgebracht hat. Das lenkt einen dann ein Bisschen in eine andere Richtung. Zurzeit mag ich auch Mathew Jonson sehr gerne, obwohl der momentan sehr viel produziert, fast schon etwas trancig, was ich persönlich sehr schade finde. Mal sehen was weiter passiert. Weitere Labels die mir noch einfallen sind Minus, Klang und die Produktionen von Riccardo Villalobos und Luciano. 11. Du machst mittlerweile auch Live Acts! In welche Richtung bewegt sich dein Sound? Womit arbeitest du und was sind da deine Pläne für die Zukunft? Es gibt 2 Arten von Live Acts die ich mache. Die eine Version ist mit allen Geräten ohne Computer, alles von den Syhntis mit händisch umschalten usw. und die andere Art sind meine Soloproduktionen die ich via Laptop und Mixer präsentiere. Ersteres ist eine Co-produktion mit Mia Zabelka unter dem Namen "Colophony Circuit", bei der die Mia mit ihrer Geige etwas improvisiert, somit erhält das alles den Charakter einer Jam Session. Vor kurzem haben wir uns da erweitert und zwar um die Dorit Chrysler, mit der wir im Radio Kulturhaus ein Konzert gegeben haben. Wir können diesen Live Act leider nur im Raum Wien aufführen, da der Transport der Geräte sehr problematisch ist. Diese Art von Aufführung ist eher keine Sache für den Club, sonder im kulturellen Bereich angesiedelt. Bei der zweiten Variante plane ich auch noch etwas mehr Struktur in Richtung Jam Session was momentan eben nur schritt für schritt geht. Außerdem mach ich das eben nicht so oft. Ich plane da auch noch eine Erweiterung des Setups durch einen Midicontroller, einer Drummaschine oder eine anderen Investition. Am coolsten wäre ein Multimoog, aber nur in einer kleineren Version, wenn es sowas gäbe. 12. Indigo:inc heißt dein eigenes Label. Welches Konzept verfolgst du damit? Das ist ein reines Dj Label für den Clubbedarf. Der Schwerpunkt liegt bei meinen eigenen Produktionen. 13. Wie siehst du die Entwicklung der Österreichischen Szene? In welche Richtung, glaubst du, wird sie sich bewegen? Welche Chancen haben dabei Newcomer? Ich kann da jetzt nur von der Wiener Szene reden, da ich sonst eher weniger im Rest der Bundesländer involviert bin. Also die Entwicklung der Wiener Szene finde ich ganz gut. Man hat ja fast eine 100%ige Cluberweiterung mit der Fluc Mensa nach dem Flex, was mal äußerst positiv ist. Was noch erwähnenswert ist, dass die Kommunikation unter den Veranstaltern recht gut funktioniert. Musikalisch kann man in Wien nicht meckern. Was die Newcomer betrifft, ist es sicherlich in Wien irrsinnig schwierig in der Clubszene, da das Angebot ja dementsprechend klein ist. Allerdings besteht da ja auch oft die Möglichkeit in diversen Bars einmal zu üben. Manchmal ermögliche auch ich einem Newcomer den Weg ins Flex, was dann schon mal eine gute Referenz ist. 14. 5 Stichwörter - schnelle Antwort: 1. Feminismus: find ich gut 2. Minimal: Definitionssache, aber gut 3. Schranz: langweilig 4. Flex: geil 5. Gigolo: comme ci comme ça 15. Du bist ja schon seit einer Weile aktiv in der Szene. Was war das schönste Erlebnis in deiner bisherigen Karriere? Da gab es schon einiges. Karrieretechnisch war es super als ich in Berlin im Hardwax arbeiten konnte. Super war auch noch als ich beim Detroit Electronic Music Fest gebucht wurde, da hab ich mich irrsinnig gefreut. Vor allem weil mich Detroit doch von Anfang an geprägt hat. Der Auftritt von Octave One in Wien im Flex, war sicherlich auch noch ein Highlight für mich. Des Öfteren ist es auch ein sehr schönes Erlebnis, wenn man merkt, dass sich die Leute schon auf meinen Dienstag im Flex freuen und auf meine Musik warten. 16. Wie siehst du deine eigene Zukunft? Ich möchte jetzt eher mehr in die kulturelle Ebene gehen, da wird Ende Januar was kommen. Ich bin da im ZKM in Karlsruhe gebucht. Als Abschluss der Ausstellung "Phonorama" werde ich eine Live-Performance machen, bei der die Hymnen der EU-Staaten zerhackt, vermischt und in einen neuen Kontext gestellt werden... Das Projekt mit Mia Zabelka und Dorit Chrysler werde ich in Zukunft auch noch mehr forcieren. Außerdem stehen da jetzt im November und Dezember 2 neue Releases an. Es sind die beiden Remix EP´s auf denen Freunde von mir Remixe von meinen ersten EP´s gemacht haben. Indigo Inc. 4 ist die Six-Trak Reworks 1 und Indigo Inc. 5 die Six-Trak Reworks 2. Da sind Tok Tok, Reinhard Voigt, Jenniffer Cardini, Thomas Brinkmann, Miss Kittin und die Acid Maria mit dem Steril zusammen drauf (Am Ende des Interviews könnt ihr dann gleich mal reinhören). Außerdem liegt gerade ein Remix, den ich zusammen mit meinem Kumpel Hautmann für TokTok gemacht habe in der Pipeline - er wird auf v-records erscheinen. Nächstes Frühjahr will ich allerdings wieder eine eigene EP herausbringen mit neuen Stücken. Eines ist so gut wie fertig, 2-3 sind nur im Rohgerüst da und warten auf weitere Verarbeitung. Ansonsten weiß ich eigentlich nicht, wohin mich die Zukunft trägt. 17. Was hört Susanne privat, zu Hause, zum Ausspannen? Am liebsten eigentlich gar nichts, ich brauch da dann eher meine Ruhe. Wenn Gäste da sind, mag ich es, wenn sie einfach an meine Plattenregale gehen und irgendwas rausziehen. Einen Alltimeclassiker gibt es da noch. Und zwar ist das aus den 20er bis 50er Jahren und nennt sich Hawaiian Steel Guitars. Es sind eben Aufnahmen hawaiianische Volkloretöne, die fast in Richtung Country gehen. Ideal zum Kochen. Manchmal höre ich auch Klassik und Jazz. Zu viel brauch ich aber dann auch nicht. Hintergrundmusik irritiert mich da dann eher. 18. Wenn du noch einmal wählen könntest: würdest du den gleichen Weg gehen oder dich doch für ein konventionelles Leben mit Familie, Job, Kinder etc. entscheiden? Sicher keine Familie und Kinder. Ob es genau der gleiche Weg wäre wie jetzt weiß ich nicht. Manchmal gibt es Entscheidungen, die man vielleicht anders gemacht hätte. 19. Als letztes wollten wir dich noch um einen Schlusssatz oder Schlusswort bitten den/das du unbedingt noch loswerden willst: Ein guter Freund hat mir mal in den Mund gelegt: "AUFKLÄRUNG!" 2 neue Releases: Electric Indigo stellt exclusiv für die User am Technoboard beide Releases zum Probehören zur Verfügung. Ihr habt die Möglichkeit euch ca. jeweils 1 Minute Six-Trak Reworks 1 und Six-Trak Reworks 2 anzuhören. Natrülich dürft ihr auch in diesem Topic Kritik über die Tracks üben: Six-Trak Reworks 1: Infos: Label: indigo:inc recordings, www.indigo-inc.at, [email protected] Genre: techno/electro Relase Date: November 2004 Distribution: Kompakt, www.kompakt-net.de A: Going for a walk / TokTok Remix B1: Beautiful Angelica / Reinhard Voigt Remix B2: Jennifer Cardini feat. 22Crew - Going for sex Six-Trak Reworks 2: Infos: Label: indigo:inc recordings, www.indigo-inc.at, [email protected] Genre: techno/electro Relase Date: Dezember 2004 Distribution: Kompakt, www.kompakt-net.de A: Blackcurrant / Thomas Brinkmann Rework B1: The Puzzle / Miss Kittin Remix B2: Traum / Schönholz Remix by Steril & Acid Maria Der Beitrag wurde von rosch bearbeitet: 16 Nov 2004, 20:45 |
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24 Apr 2005, 11:01
Beitrag
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ENFANT TERRIBLE Gruppe: Members Beiträge: 2.691 Mitglied seit: 31-October 02 Mitglieds-Nr.: 470 |
loll!!!!
duch PUREN zufall bin ich gerade auf etwas gestoßen: auszug aus MEINEM interview mit susanne auf einer deutschen internet seite: (IMG:http://www.technoboard.at/style_emoticons/default/guckstduhier.gif) http://sachsen.nachtagenten.de/oneevent.php4?inhalt=19920 Der Beitrag wurde von Miss Dita D.K.-dance bearbeitet: 24 Apr 2005, 11:17 |
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Vereinfachte Darstellung | Aktuelles Datum: 24. November 2024 - 19:22 |
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