Ein Erfahrungsbereicht |
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Ein Erfahrungsbereicht |
9 Mar 2010, 20:48
Beitrag
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Newbie Gruppe: Members Beiträge: 56 Mitglied seit: 1-November 07 Wohnort: Mostcoast/Alserground Mitglieds-Nr.: 12.750 |
„Langweilst du dich? ... Nein, Nein, aber ich denke daran, ich kann an nichts anderes
Denken! ... Ich werde mit dir zum Tanzen fahren! ... Zum Tanzen, sicher? ... Ja, da musst du hin, unbedingt! Das Herz eines Menschen ist wie ein Vogel der im Käfig eingesperrt ist, wenn du tanzt, dann singt dein Herz und es steigt hinauf zum Himmel ...“ Wighnomy Brothers life@SMS Ich sitze zuhause, bin die ganze Woche meinen Pflichten gegenüber der Gesellschaft, nachgegangen und ich tue dass Samstag abends immer noch. Ich bin vertieft in meine Tätigkeit und denke verkrampft nach, wie ich den Zielsetzungen meines Entwurfs und somit den Anforderungen, welche die Gesellschaft an mich stellt, am besten nachkommen kann, ohne die Menschen, die zukünftigen Benutzer, meine Vorgesetzten, meine Kollegen, die Stadträte zu enttäuschen. Ich will etwas gutes schaffen, ich will der Gesellschaft genügen. Durch diese Vertiefung in meiner Arbeit vergesse ich manchmal, warum ich diesen Weg gewählt habe, im Grunde um mir selbst ein Stück weit näher zu kommen. Doch verliert man sich selbst nicht manchmal in den Versuchen, den anderen Menschen, die auf einen Einfluss ausüben und auf die man Einfluss ausübt gerecht zu werden. Entfernt man sich nicht manchmal auch von seiner Haltung die man doch, bis sie einem widerlegt wird verfolgen und verteidigen will? Und dann, was dann? Was wenn man sich selbst, in einer kurzen Fase des Nachdenkens ein Stück weit auf die Schliche kommt und zu reflektieren beginnt? Man braucht nicht nur diesen kurzen Moment, man braucht Zeit und manchmal, wenn sich alles im Kreis zu drehen scheint, braucht man Distanz. Distanz zu all dem worüber man nachdenkt und nachgedacht hat, zu all dem was einen beschäftigt. Einen Moment der Entschleunigung, des sich Loslösens und Auskoppelns. Für mich war Musik immer schon ein wesentlicher Bestandteil meines Lebens, ein Medium das im besten Fall meinen Gedanken und meiner Fantasie zu freiem Lauf verhilft. Eine Möglichkeit sich aus den Fängen des Alltags zu lösen und unbefangen, neue Emotionen zu erfahren. Als ich alt genug war um in diese Welt auch nächtens und außerhalb der Mauern meines Elternhauses einzutauchen, eröffnete sich mir der Zugang zu einer anderen und sehr faszinierenden Welt. Die Möglichkeit, dieses Erlebnis auf eine neue und viel intensivere Art zu erleben und auf eine zwar distanzierte, aber trotzdem gemeinschaftliche Weise mit anderen Menschen zu teilen, war mir neu und begeisterte mich von der ersten Sekunde an. Ich hatte das Gefühl an etwas großem teilhaben zu dürfen und dabei trotzdem den Fokus ganz auf mein Ich legen zu können. Nun sitze ich also Samstag abends vor ungetaner Arbeit und komme nicht vom Fleck. Ich weiß das es einer Auszeit bedarf, um neue Kraft und Inspiration zu sammeln, die es mir ermöglicht über meine bereits verrichtete Arbeit reflektieren zu können, ohne meine eigenen Fehler nicht zu sehen. Es ist nötig sich zu lösen, zu vergessen, um sich wieder erinnern zu können. Also beschließe ich die Arbeit ruhen zu lassen und ein Glas Wein zu trinken. Ich suche nach potentiellen DJ´s die mir heute Abend ein Rahmenprogramm bieten könnten, das meine Auflösung in etwas größerem zulässt. Da ich das Glück habe, in einer Stadt zu leben, die den Strukturen, die ich gewöhnlicher Weise aufsuche, wenn ich Abstand brauche, Platz zur Existenz lässt werde ich auch fündig. Es ist dieses Gefühl sich von allem zu distanzieren, nicht an gute oder schlechte Dinge zu denken, dass mich zu solcher Zeit noch dazu bewegt alleine loszugehen. Ein Drang, kein (gesellschaftlicher) Zwang, aber etwas das tief aus mir selbst kommt und mir keine andere Wahl lässt. Sich selbst aufzugeben, um sich selbst zu finden. seine Wut zu vergessen, um sich selbst im nächsten Moment damit konfrontiert zu sehen. Seine Ängste zu vergessen, um sie im nächsten Moment überwinden zu müssen. Eine gnadenlose Konfrontation mit meiner eigenen Persönlichkeit. Ein überwinden meiner selbst um zu meinem wahren Ich zu finden. Ich ziehe gegen zwölf Uhr los und mache mich auf die Suche nach einem Club dessen Adresse ich zwar kenne, aber in dem ich noch nie war. Mit der letzten Bahn begebe ich mich möglichst nahe zu dem angestrebten Ziel, um von dort aus meine Weg zu suchen. Ich brauche eine Weile bis ich es aus etwas Distanz das erste Mal leicht wummern höre und weiß ab diesem Zeitpunkt genau das ich richtig bin. Wie das immer lauter werdende rauschen eines Wasserfalls leitet mich das vertraute Geräusch sicher zu meinem Ziel. Kurz davor eine kleine Menschenansammlung, eine mehr oder weniger geordnete Schlange, alle hingerichtet zu einer unscheinbaren Tür, so klein, dass sie im Volumen der Fassade des alten Fabrikgebäudes unterzugehen scheint, wie der fast nicht erkennbare Zugang zu einer Höhle, inmitten eines gigantisch erscheinenden Bergmassivs. Am Eingang der Wächter, ein Türsteher der die Leute selektiert, die dem was sich im Inneren befindet als würdig erscheinen. Eine klare Grenze, die nicht jedem den Zugang erlaubt. Nun ist es soweit, ich bin der Nächste der kritisch beäugt wird und über den die Willkür des Menschen, der die Auswahl betreibt entscheiden wird. Ein kurzes Nicken, dem das Freimachen der Tür folgt und ich darf meinen Weg in das Innere fortsetzen. Es folgt ein schmaler, niedriger Gang, der sich in einen höheren und weiteren Raum öffnet. Alles Backstein, schmucklos, roh und trotzdem von einer faszinierenden Aura umgeben. Die Richtung ist noch klar definiert, vorbei an der Garderobe, Jacke und Pullover abgeben, die Temperatur ist jetzt schon deutlich höher als noch vor kurzem, als ich mich stehend in der Schlange vor der Tür befand. Doch nachdem ich mich dem Ritual des Eintretens unterzogen habe stehe ich nun einem Raumgewirr, dass mir völlige Freiheit in meinem Tun gewährt gegenüber. Trotz dessen weiß ich genau, dass ich ein Ziel brauche um zu finden was ich suche. Ich folge dem Strom, dem Fluss, all dessen was mich umgibt. Doch stets bleibt die Ungewissheit da anzukommen, wo ich auch hinwill. Ich verlasse mich auf die anderen Menschen, aber gleichzeitig bin ich jede Sekunde wachsam ob der eingeschlagene Weg mich auch zu meinem vorerst angepeiltem Ziel führt. Dass lauter werdende pochen des Basses ermöglicht es mir jedoch den das räumliche Gefüge, auch ohne gute Orientierung einzuordnen. Der Weg findet sich. Wie aus dem Nichts, als ich um die nächste Ecke schreite, eröffnet sich mir ein hoher, großer Raum in dem ich mich ohne Schwierigkeiten orientieren kann. Eine Halle, ein Palast. Alle Leute zu einer Seite hin gerichtet, als würden sie auf etwas warten. Ein Ereignis, etwas anbetungswürdiges. Ganz vorne, an der Stirnseite ein DJ-Pult und jemand der Musik macht als würde er eine Messe halten. Stets ein Auge auf das Publikum und trotzdem seiner selbst treu. Eine Autorität, angehimmelt, nahezu vergöttert. Es gibt zwei Möglichkeiten. Dem Szenario objektiv und kritisch gegenüber zu stehen, oder sich und seine Gedanken zu vergessen und die Auflösung seiner selbst in einem ausgelassenen Treiben zu suchen, dessen Ausgang nicht gewiss ist. Ich entscheide mich für die zweite Option. Es erscheint plötzlich so, als gäbe es nichts um mich, als wären all die Anderen, all die Lichter, das ganze inszenierte Ereignis, das mich umgibt nicht mehr existent. Ich beginne mich fallen zu lassen, ich beginne zu vergessen. Egal was vorher passiert ist und was am nächsten Tag passieren könnte, es löst sich in einer umgreifenden Relevanz Gefühls, dass mich in diesem Moment erfüllt. Ich beginne zu tanzen, meinen Körper zu dem Rhythmus der nur in diesem einen Moment fühlbaren Emotion zu bewegen. Es gibt nur mich, die Augen geschlossen, des Körpers Bewegungen verselbstständigt, als hätte ich nie etwas anderes gemacht. Man muss in solchen Momenten jegliche Erfahrung und Ratio ablegen, um wirklich intensiv erleben zu können. Man muss in gewisser Weise wieder zum Kind werden um sich selbst in einer selten wahrgenommenen Intensität zu erleben. Man muss sich darauf einlassen. Ist diese Hürde genommen steht einem nichts mehr im Weg. Trance, Abgehobenheit, das Maximum kontemplativer Versenkung. Das Nichts, dem Zustand der Apathie sehr nahe und trotzdem nicht so leer. Etwas das einen von innen erfüllt und erleuchtet. Das glücklich und genügsam zugleich macht. Das vergessen und für sich sein wird jedoch immer wieder durchbrochen von Momenten, zu denen alle die Augen öffnen, die Hände in die Luft strecken und in Geschrei ausbrechen. Es ist der Eingriff des Zeremonienmeisters, der mit jedem Fade, mit jedem Übergang zur nächsten Platte, die sich homogen zu bewegen scheinende Masse lenkt und ihnen, mit seinem Eingreifen, zu kollektiven Ups verhilft um sie Sekunden später wieder in sich selbst versinken zu lassen. Die Akteure selbst sind sich dessen nicht bewusst, nicht in jenem Moment, aber wenn sie sich am nächsten Tag unterhalten, werden sie merken, dass sie die selben Momente intensiv in Erinnerung behalten haben, die in diesem kollektiven Moment des Aufschreiens entstanden. Jeder für sich und trotzdem gemeinsam. Es dauert manchmal länger, manchmal kürzer, bis sich Erschöpfung einstellt, aber letztlich ist es immer der Körper der dem Geist Einhalt gebietet und einem sagt, dass es nun Zeit ist dem Treiben ein Ende zu setzen, um sich nicht endgültig zu verlieren. Und dann ist der Entschluss gefasst, ich suche mir meinen Weg zurück. Der selbe den ich gekommen bin, mit dem Ziel nun Körper und Geist ruhen zu lassen. Doch zuerst muss noch der Heimweg geschafft werden. Ich hole mir meinen Pulli, meine Jacke und werde durch diese kleine, unscheinbare Tür entlassen. Zurück in der Realität, das Tageslicht sticht für den ersten Moment in den Augen, bis sich diese assimiliert haben und mir einen wunderschönen Tag offenbaren. Ich fühle mich fremd, weiß das ich in den letzten Stunden Teil von etwas war, dessen Geheimnis und Magie sich nur jenen eröffnet, die partizipierten, die die selben akustischen, körperlichen und räumlichen Erlebnisse hatten wie ich selbst. Die Euphorie verflacht, Erschöpfung stellt sich ein. „Die Choreographie der Initiation wird heute zwar eher als Event, denn als «Todeserfahrung» inszeniert. ... Dennoch besteht auch in unserer Zeit unverändert das Bedürfnis nach Rückzug und Erkenntnis. Die Inszenierung der Höhle, der «Grabkammer» dient dem Ausschluss des «zivilisatorischen Hintergrundrauschens», um davon unbeeinflusst die Sinne auf eine Begegnung mit sich selbst fokussieren zu können.“ (Degen; 2007; S. 20) können.“ (Degen; 2007; S. 20) |
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10 Mar 2010, 00:15
Beitrag
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