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> Hang the DJ!, "Der Standard" und die DJ-Kultur
skidoos
Beitrag 3 Aug 2005, 10:48
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ZITAT
Genauso anders wie die anderen

Am Wochenende geht im burgenländischen Wiesen an drei Tagen mit reichlicher Verspä­tung das in Österreich erste DJ-Festival dieser Art über die Bühne: "Urban Art Forms"
Gelegenheit für einige Anmerkungen zum inflationären Genre der Discjockey-Zunft.

Wiesen - Heute kann man sich das nicht mehr vorstellen, aber: Es gab einmal eine Zeit, in der durchaus angesagte Lokale und Bars ganz ohne monotone Beschallung von Discjockeys auskamen. Damals reichte im Zweifel oft auch eine von Kellnern mitgebrachte Kassette mit deren Lieblingsmusiken.

Heute gibt man neu aufgesperrten Szenehütten nicht einmal noch einen Monat die kommerzielle Chance, ganz ohne den Soundtrack der so genannten Modernität auszukommen. Bevor noch Service und Küche eingespielt sind, ist ein DJ-Programm erstellt. Und auch Hochzeitsfeiern, die Eröffnung von Functional-Food-Shops oder Relaunches von Mobil-Phone-Centern, Autohäusern und Brillenboutiquen setzen längst nicht mehr auf live dargebotene Blas- und Tanzmusik und den Segen des örtlichen Pfarrers, sondern auf die Hohepriester der Langeweile an den Plattentellern. Die bespielen längst nicht mehr nur die einschlägigen Clubs. Selbst beim Friseur oder der Weihnachtsfeier im Betrieb ist man nicht mehr sicher vor DJ-Sets und -Performances.

Weil überall alles und jedes "modern" sein muss, hat nicht nur eine immergleiche Szene unter wechselnden Vorzeichen und Lokalitäten einen Grad an dumpf wummernder Langweile erreicht, der so noch vor zehn, 15 Jahren gar nicht vorstellbar gewesen wäre. Betrachtet man in deutschsprachigen Leitmedien wie de:bug oder Spex den allmonatlich abgefeierten, mit wenigen Ausnahmen völlig gleichförmigen wie gleich mild inspirierten Vinylnachschub zwischen diversen Techno-, House-, Nu-Jazz-, Groove-, HipHop- oder Lounge-Spielarten, so hat man es hier schon seit einigen Jahren nicht etwa mit der im Genre ausgerufenen immerwährenden Revolution im Zeichen von mikroskopischen Takt- und Soundverschiebungen zu tun - es geht schlichtweg um die Revolte des Immergleichen.

Frontalunterricht

"I am a D.J., I am what I play!" Wenn David Bowies viel zitierte Textzeile aus 1979 tatsächlich zutreffen sollte, haben wir heute ein ernsthaftes Problem. Von der ursprünglich im Techno ausgerufenen Devise "Wir sind die Party!" und seiner anfänglichen Gleichsetzung von DJ und tanzender Meute zu den neuen Göttern wie DJ Hell oder Miss Kittin und der Wiedereinführung des Frontalunterrichts in den Clubs, in denen jeder sehnsüchtig Richtung DJ-Kanzel starrt, war es nur ein kurzer Weg.

Immerhin drängt das absurderweise im Gegensatz zu Rock und Pop und Jazz nach wie vor vehement von Männern dominierte DJ-Genre heftiger denn je vom Saal hinauf ans Rednerpult. In der Revolution der Vielen war schon sehr bald wieder die Individualisierung angesagt: Ich will genauso anders werden, wie es die anderen schon sind!

Der Grund: In der Geschichte gerade auch der populären Musik bestand nie zuvor ein derart leichter Zugang zur Bühne und zur Befriedigung narzisstischer Bedürfnisse unter dem Deckmantel der Kunst. Der wird nicht nur durch oberflächlich betrachtete Gleichform, sondern auch dadurch erleichtert, dass man über diese ohne jedwede Inspiration oder eigene Ideen bald einmal als toller Hecht zu gelten vorgeben kann. Diverse technische Hilfsmittel wie Beats-per-minute-Control oder Geschwindigkeitsangleicher sollten auch von völlig unmusischen Menschen bedient werden können.

Einige der großen Ausnahmen in diesem heutigen Ödbären-Geschäft kann man zweifellos am kommenden Wochenende in Wiesen erleben. Immerhin versuchen sich die Besten im Geschäft live nach wie vor an einer Neudeutung und Durchmischung ihres Konservenmaterials.

Dass aber heute selbst die größten Namen nicht nur aufgrund künstlerischer Auslaugung auch gern einmal auf einen DAT-Recorder vertrauen, die Starttaste drücken und während der nächsten ein, zwei Stunden selbst noch die Neusichtung von Konserven mit Knöpfchendrehen und Verrenkungen unter den Kopfhörern simulieren, dürfte zumindest in Veranstalterkreisen längst bekannt sein.

Dafür stimmt die Gage: bis zu 7000 Euro schwarz auf die Hand. Möglicherweise in ökonomisch tristen Zeiten ein guter Grund, DJ zu werden. Um es mit Pop-Gottheit Morrissey negativutopisch zu formulieren: "Hang the DJ!" Ruhe jetzt.

Von Christian Schachinger


(DER STANDARD, Printausgabe, 02.08.2005)
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Chriskeepsdiggin...
Beitrag 3 Aug 2005, 11:32
Beitrag #2


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Na ja Schachinger sucht scheinbar n`en Job bei der Krone, der Artikel mag vielleicht mit einem Augenzwinkern zutreffen und einige Punkte stimmen. Nur erwartet man sich vom Standard ein anderes Niveau und nicht solch einen Artikel........

Wobei ein Ziel hat der Artikel erreicht: Negativwerbung ist auch gute Werbung!
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